„Der Herr aller Dinge“ ist ein typisches Buch von Andreas Eschbach. Science Fiction, aber sorgfältig recherchiert, auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft aufbauend und eine denkbare Entwicklung in die Zukunft extrapolierend. Ich möchte hier keine Inhaltsangabe seines Buchs geben, sondern nur drei wesentliche Gedanken kommentieren. Die erste Idee beschäftigt sich mit der Zukunft der Arbeit, was Aufgabe der Technik ist und was Reichtum wirklich bedeutet:
Wenn wir von Reichtum reden, dam reden wir nicht von Geld, sondern von Arbeit. Würde Reichtum bedeuten, viel Geld zu haben, wäre es ja einfach, jeden reich zu machen: Man müsste nur genügend Geld drucken und es an alle verteilen. Das funktioniert nicht, weil Geld eben nur bedrucktes Papier ist. Es geht nicht um Geld – es geht um Arbeit. Reichtum heißt, imstande zu sein, andere für sich arbeiten zu lassen.
Hiroshi Kato, die Hauptfigur im Buch, stammt aus einem armen Elternhaus und erkennt diesen Zusammenhang sehr früh in der Kindheit. Sein Plan besteht darin, Maschinen zu bauen, die jedem Menschen die benötigten Güter zur Verfügung stellen. Dann wäre jeder reich, ohne dass andere für ihn arbeiten müssten. An der Uni diskutiert er mit einem Professor darüber:
»Ach ja? Nach Ihrer Logik wird es aber nach und nach immer weniger Jobs geben.«
»Es wird zunächst andere Jobs geben. Vor hundert Jahren war ein Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, heute sind es noch drei Prozent. Trotzdem haben wir nicht lauter arbeitslose Bauern.«
»Schönes Argument«, meinte DeLouche siegessicher. Er beugte sich leicht vor, wie immer, wenn er damit rechnete, seinem Kontrahenten demnächst den finalen Stoß zu versetzen. »Aber was hilft das dem Arbeiter, der durch einen Roboter ersetzt wurde, auf der Straße steht und Arbeit braucht?«
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Es war so mucksmäuschenstill, dass man die klinisch weißen Leuchtelemente an der Decke surren hörte. Und natürlich das Blech an der Luftzufuhr mit seinem unablässigen tak-a-tak-tak-a.
»Genau genommen«, sagte Hiroshi bedächtig, »braucht er nicht Arbeit. Er braucht Geld. Oder, allgemein gehalten, er muss seinen Lebensunterhalt sicherstellen. Das ist das eigentliche Problem.«
»Womit wir beim Sozialsystem wären«, erwiderte DeLouche. Er musterte Hiroshi über den Rand seiner Brille hinweg. »Können Sie sich eigentlich auch vorstellen, dass Menschen gerne arbeiten? Dass sie ihre Arbeit als identitätsstiftend empfinden? Und nicht nur als Mittel, um den Lebensunterhalt zu sichern?«
»Doch, bei Ihnen kann ich mir das vorstellen«, erwiderte Hiroshi mit ausdruckslosem Gesicht. »Aber meine Mutter zum Beispiel war Wäscherin. Sie hat jahrelang jeden Tag Dutzende von Handtüchern, Tischtüchern und Unmengen von Kleidung gewaschen, getrocknet und gebügelt. Und sie fand das kein bisschen identitätsstiftend. Als sie es nicht mehr tun musste, hat sie sofort gekündigt.«
Es ist eine ähnliche Diskussion, wie sie auch bei uns im Zusammenhang mit dem bedingungslosen Grundeinkommen geführt worden sind.
Hiroshi nickte. »Na also. Sie geben sich die Antwort damit selber. Die Maler werden auch in Zukunft weiter malen, aber die Müllmänner werden eher nicht mehr arbeiten.«
Ohne das an dieser Stelle noch weiter vertiefen zu wollen, ist völlig klar: Viele heutige Tätigkeiten sind nicht sinnstiftend, sie würden sofort nicht mehr gemacht werden, wenn die Betreffenden es nicht müssten – das erfüllt die Definition von Zwangsarbeit.
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